Meinungsfreiheit in Gefahr – geht man so mit anderen Meinungen um?

Voltaire: “Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen“

Pressemitteilung vom 09.03.2020

Durch einen beispiellosen Beschluss hat der Dogerner Gemeinderat auf Antrag von drei CDU Gemeinderäten der Nachhaltigkeitsliste Dogern die Möglichkeit für weitere Veröffentlichungen im Mitteilungsblatt genommen.

Zum Hintergrund: Zum 01.01.2019 ist ein vom Dogerner Gemeinderat beschlossenes Redaktionsstatut in Kraft getreten, welches es Fraktionen und Wählervereinigungen ermöglicht, „Stellungnahmen zu Angelegenheiten der Gemeinde“ zu veröffentlichen.

Bei der Kommunalwahl am 26. Mai ist die Nachhaltigkeitsliste Dogern erstmalig mit 19,1 % Stimmenanteil und zwei Gemeinderäten in den Gemeinderat gewählt worden.

In der Folge der Wahl hat die Nachhaltigkeitsliste vier Mal im Mitteilungsblatt Stellungnahmen veröffentlicht .

Dies haben drei CDU Gemeinderäte zum Anlass genommen, einen Antrag auf Änderung des Redaktionsstatuts zu stellen mit dem Ziel, dass zukünftig nur noch Fraktionen im Mitteilungsblatt veröffentlichen dürfen.

Dieser Antrag bekam mit sechs Ja-Stimmen am 4. Februar 2020 eine Mehrheit.

Kurz zuvor haben die sechs CDU Gemeinderäte erstmals eine Fraktion gebildet. Diese Fraktion hat sich mittlerweile erweitert um die vier Gemeinderäte der Freien Wähler und nennt sich jetzt CDU/FW – Fraktion.

Die Geschäftsordnung der Gemeinde Dogern für den Gemeinderat sieht eine Mindestgröße für Fraktionen von drei Mitgliedern vor, was in Dogern 25 % der Mitglieder des Gemeinderats bedeutet – die Nachhaltigkeitsliste hat mit 19,1 % Stimmanteil nur zwei Sitze und deshalb kein Recht eine Fraktion zu bilden.

In der beschlussfassenden Sitzung am 04. Februar wurde intensiv über den Antrag diskutiert. Eingereicht wurde er ohne die übliche schriftliche Begründung. Auch mündlich wurde der Antrag nicht sachlich begründet, stattdessen wurde in der Debatte von einem Antragsteller der Begriff „alternative Fakten“ bezüglich Inhalten der bislang erschienenen Stellungnahmen der Nachhaltigkeitsliste als eine Begründung zur verlangten Änderung des Redaktionsstatuts angeführt.

Für Markus Uhlenbrock-Ehnes  greift diese beschlossene Änderung in die Meinungsfreiheit ein und untergräbt die von unserer Gesellschaft gewünschte Meinungsvielfalt.

In der Sitzung zitierte Uhlenbrock-Ehnes Voltaire mit den Worten: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen“

Für Uhlenbrock-Ehnes ist diese Einschränkung der Veröffentlichungsmöglichkeit vor allem deshalb so fatal, da die Nachhaltigkeitsliste mit einer Vielzahl von Initiativen das dörfliche Leben von Dogern nachhaltiger gestalten möchte und ihr nun die Möglichkeit genommen wurde, darüber auch inhaltlich die Dorfbevölkerung zu informieren.

Für die Nachhaltigkeitsliste  ist Information ein Teil der  Bürgerbeteiligung und auch Stellungnahmen tragen nach ihrer Meinung zur Bewusstseinsbildung der Bürger*innen bei.

Die Antragsteller müssen es nach Auffassung von Uhlenbrock-Ehnes aushalten können, andere Meinungen als die ihren im Mitteilungsblatt veröffentlicht zu sehen.

Es handelt sich um ein Minderheitenrecht, welchem nicht mit Änderungen an einem gerade vor gut einem Jahr in Kraft getretenen Redaktionsstatut begegnet werden sollte, nur weil zu zwei Gruppen im Gemeinderat eine dritte hinzugekommen ist – die Dogerner haben sich bewusst für mehr Vielfalt entschieden und haben jetzt auch ein Anrecht, diese Vielfalt in den Stellungnahmen wiederzufinden.